Geschichte des Schützenvereins Rösebeck e.V.
Ein kleiner geschichtlicher Exkurs, der u.a. anlässlich des Buches zur 1150-Jahr-Feier im Jahr 1990 zusammengestellt wurde.
Die Ursprünge des Schützenvereins sind etwa in der Mitte des 17. Jahrhunderts zu finden. Nach dem 30jährigen Krieg herrschte keine Ordnung mehr im Lande. Aus diesem Grunde war es notwendig geworden, in den jeweiligen Ortschaften freiwillige Bürgerwehren (Schützengesellschaften) zum Schutze der Bevölkerung vor räuberischen Überfällen und Plünderungen aufzustellen.
Bei der Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im Dorf und, wenn die Obrigkeit es befahl, auch außerhalb desselben, kam den Schützen eine große Bedeutung zu. Schützen waren vor allem in gewisser Weise Polizeivollzugsbeamte, hatten darüber hinaus aber auch militärische Aufgaben. Sie verhafteten Missetäter und bewachten die Gefangenen im Gefängnis und auf dem Transport. Sie führten auch von der Obrigkeit angeordnete Zwangsvollstreckungen durch. 1759 vollzogen z.B. Schützen aus Körbecke und Borgholz derartige Maßnahmen in Rösebeck. In gleicher Weise werden Rösebecker Schützen in anderen Orten eingesetzt worden sein.
Um im Bedarfsfall schnell einsatzbereit zu sein, waren die Schützen militärisch organisiert. Sie bildeten die Schützen-Compagnie. Die Schützen waren mit Schusswaffen versehen. Der Schützenführer hatte darauf zu achten, dass die Gewehre in Ordnung und jeder Mann für den Ernstfall eine Mindestmenge an Kugeln und Pulver bereithielt. Um mit der Handhabung der Waffe vertraut zu werden und bei ihrem Gebrauch auch treffsicher zu sein, veranstaltete man regelmäßig Übungsschießen auf die Scheibe. Dabei wurde der beste Schütze ermittelt und besonders geehrt, denn ein solcher Wettbewerb spornt zu guten Leistungen an.
Es wurde mehrmals im Jahr geübt, aber zu Pfingsten fand das wichtigste Schießen, das Königschießen, statt. Dieses Schießen war immer auch ein wichtiges gesellschaftliches Ereignis, bei bzw. nach dem so manches Glas geleert wurde. 1661 zahlte die Gemeinde den Schützen zu Pfingsten zwei Fass Bier. Sie entschädigte ihre Schützen damit für die geleistete Arbeit.
Die Schützenkompanie erhielt außerdem jährlich acht Taler aus der ständigen Einnahme von der "Neuen Wiese". Weitere Einnahmen oder Anrechte hatten die Schützen nicht.
Das heutige Schützenfest mit Umtrunk und Tanz sowie das Königsschießen haben ihren Ursprung in den ernsthaften Schießübungen der Altvorderen. Musik gehörte auch früher schon dazu. Es gab die Tanzmusik und den Tambour, der der Kompanie vorwegmarschierte; an seine Stelle ist heute die Marschmusik getreten. Der Trommler hatte ursprünglich die Aufgabe, die Schützen zu alarmieren.
Die Rösebecker Schützenkompanie war ohne Zweifel eine Gründung der Familie von Spiegel oder zumindest mit deren Zustimmung und Unterstützung entstanden. Wann sie entstand, ist bislang nicht bekannt. In der Dorfrechnung von 1661 wird sie erwähnt, sie ist aber wesentlich älter.
Eine besondere Rolle hat wohl das Jahr 1659 gespielt. In diesem Jahr wurde die Bürgerwehr (Schützenkompanie) offensichtlich offiziell gegründet. Diese Jahreszahl ist auf allen noch heute bekannten Schützenfahnen aufgedruckt.
Über die Ursprünge des Rösebecker Schützenwesens und seinen Stand kurz nach 1800 berichtete 1829 der Ortsbeamte von Meyenfeld:
Wie die Gerichtsbarkeit der Familie v. Spiegel in jenen alten Tagen (eingerichtet) wurde, so waren sämtliche Eingesessene der zur Herrschaft gehörigen Ortschaften (..) verbunden, alle Verbrecher, Vagabunden usw. durch die Bauern der Reihe nach zum Amte oder dem Orte ihrer Bestimmung zu transportieren (..). Dieses wurde am Ende lästig für die ackerbautreibende Klasse, und die Gemeinden vereinigten sich unter sich, dieses Geschäft gewissen Eingesessenen gegen eine fixe jährliche Vergütung in baarem Gelde oder durch Pacht eines Grundstückes der Gemeinde aus Gemeinde-Mitteln zu übertragen, wozu noch von seiten des Amtes die Versicherung ertheilt wurde, daß alle Transporte noch besonders aus dem Vermögen der Verbrecher bezahlt werden soll, wenn es vorfindlich seye. Im Verfolge der Zeiten nahm jedoch dieses Schützenwesen eine andere Gestalt an. Die jährliche Vergütung wurde von den Schützen zu einem Feste bestimmt, es wurden noch mehrere Mitglieder für ein gewisses Aufgeld aufgenommen, das gleichfalls zum Schmauß verwandt wurde. Sie wählten sich Offiziere, Fähnrich, Führer. Diese Chargen erhielten jedoch nur diejenigen, so sie am besten bezahlten, denn sie wurden aufs Meistgebot versteigert, u. auch dieses floß zur Schützen-Casse, so wie ihre (..) Gesetze nicht sowohl den Zweck zur Erhaltung einer gewißen Ordnung (hatten), sondern vielmehr (dazu dienten,) mehr Geld zur Casse zum Schmauße zu erhalten. Alle Mitglieder dieser Schützengesellschaften waren übrigens von Anfang an bis zu ihrer Aufhebung stets mit Gütern angesessen und verheirathete Leute.
Noch vor ihrer Aufhebung unter der westphälischen Regierung (im Jahre 1809) erfüllten diese Schützengesellschaften nicht mehr ihren ursprünglichen Endzweck und waren nicht nur eine kostbare (d.h. kostspielige) Last für das Gemeindewesen, sondern vielseitig auch nachtheilig für ihren eigenen Haushalt und ihre Familien, indem selbige nicht nur Gemeindegelder verzehrten, sondern auch ihre eigenen Mittel über die Gebühr zum Nachtheil ihrer Kinder, der königlichen Abgaben und derer des Gutsherrn so anstrengten, daß eben denselben, so oft wochenlang in Saus und Braus gelebt pr. Execution (durch Zwangsvollstreckung) einige Tage nachher alles verkauft wurde.
Obwohl die Rösebecker dem Militärischen offensichtlich nicht allzuviel abzugewinnen vermochten, trauerten sie doch ihrer 1809 aufgelösten Schützenkompanie nach. Als die politischen Verhältnisse es wieder erlaubten, fanden sich 1818 die Schützen zusammen und beschlossen die Wiederaufnahme der alten Tradition.
Am 11. November 1819 beriet der Gemeinderat über die Wiederherstellung der Schützen-Compagnie. Sein Gutachten lautete:
Auf geschehene Vorladung erschienen die unterzeichneten Gemeinderäthe und erklärten in Ansehung der Wiederherstellung der Schützen-Compagnie folgendes, das die Schützen-Compagnie bereits im Jahre 1818 wieder nach alten Herkommen fereint seye und sie deren fernere Bestehung wünsche.
Sie bäten daher um die der Schützen-Compagnie jährlich zustehenden 8 Rthr von der ständigen Einnahme der Neuen Wiese wie sie selbige ehemals besessen hätten und bemerckten, daß dieselbe sonsten keine weiteren Einnahmen noch Gerechtsame gehabt habe.
Der Ortsbeamte von Meyenfeld, der auf die Schützen nicht besonders gut zu sprechen war, hängte noch eigene Bemerkungen an:
Es erlaubt sich Unterzeichneter in seinem Gutachten über diesen Gegenstand zu bemerken, daß die Wiederauflebung der ehemaligen Schützen-Compagnie so wie sie jetzt sind und ehemals waren, nur zum Verderb der Moralität des Volckes gewesen, indem die von der Gemeinde bewilligten Gelder für die Schützen und für den Truncke meisttens verwendet werden und mit diesem der Gesundheit so schädlichen Laster andere mit demselben verschwisterte herbeyführen. Soll diese Anstalt daher dem Staate zum Nutzen gereichen, etwa daß der zukünftige Vaterlandsvertheidiger darinnen seine erste Bildung erhelt, so bedarf sie einer angemessenen Reorganisation, sonsten kann ich meiner Ueberzeugung und der Erfahrung nach nicht dafür stimmen.
Freylich wäre diese Anstalt, wenn es nur bey dem Verzehr der von der Gemeinde bewilligten Gelder und einen Tag bliebe, zum wenigsten, wo auch nicht nützlich, doch unschädlich. So aber sind diese Gelder nur der Anfang zur Schwärmerey - es werden, wenn jene verzehrt, neue von den Schützen zusammengeschossen und oft mit Mühe und zum Verderb ihrer eigenen häuslichen Bedürfniße herbeigeschaft, die dem Trunck und der Schwärmerey für die folgenden Tage geneicht sind.
Der Kantonbeamte sah alles etwas wohlwollender:
Die jetzige Natur der Schützencompagnie besteht eigentlich darin: sich zu verschiedenen Zeiten des Jahrs als hauptsächlich zu Pfingsten im Scheibenschießen zu ueben und alljährlich durch den Bestschuß einen Schützenkönig zu wählen. Hiernächst wird am nämlichen Tage eine kleine Tanzlustbarkeit veranstaltet und dabey im frohen, heiteren Gemüthe das gemeinschaftlich angeschaffte Bier verzehrt.
Etwas von ihrer ursprünglichen Aufgabe erfüllten die Schützen auch noch im 19. Jahrhundert. So brachten sie den 19 Jahre alten, wegen Diebstahls verhafteten Schuhmacher Joh. Vogel aus Rösebeck nach Warburg.
Von Meyenfeld hegte weiterhin seine Abneigung. 1829 schrieb er:
Seit einigen Jahren nun sieht man wieder das Schützenwesen wie in den lezten Zeiten vor der Aufhebung bestanden,(jedoch) noch erbärmlicher in einer jeden Ortschaft aufleben. Eine Last für die Gemeinde-Casse, ein Verderb für die Vermögensumstände der Eingesessenen, da die Schwärmereyen wochenlang Tag und Nacht dauern, die Abgaben stehen bleiben und weiter nichts effecktuirt, als daß sich die Kinder an dem burlesquen Aufzug belustigen und die Dorfschaft schon um 3 Uhr morgens aus dem Schlaf geweckt wird und selbst die Andacht an den hohen Feiertagen als Pfingsten durch den Schweinehirten, der an diesen Tagen den Posten eines Tambours der Schützen-Compagnie von 12 - 14 Mann bekleidet, eine tumultuarische Richtung erhält.
Als im Revolutionsjahr 1848 in den Dörfern Bürgerwehren gegründet werden mussten, entsann man sich noch einmal aus praktischen Erwägungen heraus der Schützen.
Der Amtmann schrieb im Juni 1848:
Da von den Bürgerwehren weiter nichts gefordert wird als die Erfüllung derjenigen Verpflichtungen, welche den Schützengesellschaften oblagen, so dürfte eine Umgestaltung der Schützengesellschaften in Bürgerwehr um so angemessener sein, als die Bürgerwehren vorgeschrieben sind und hierin eine Anerkennung ihres rechtlichen Bestehens liegt. Die Gebräuche wegen jährlicher Feier des Schützenfestes und die Verwendung der Revenüen (Einkünfte) können auf die Bürgerwehr übergehen...
Die Liste der Rösebecker Bürgerwehrmänner / Schützen umfasste 80 Namen, 9 Männer waren mit Gewehren ausgerüstet, 60 Mann waren mit Lanzen bewaffnet. Ein Einsatz dieser mutigen Truppe ist nicht überliefert.
Als sich die Zeiten beruhigt hatten, wurde aus der Bürgerwehr wieder der normale Schützenverein. Aus den ursprünglich eher militärischen entwickelten sich nun im Laufe der Zeit mehr und mehr kulturelle Aufgaben, wie z.B. Wahrung von Tradition und Brauchtum, Förderung der Geselligkeit etc., die durch die Veranstaltung gemeinsamer Feste, der heutigen Schützenfeste, gefördert wurden.
Urkunden und schriftliche Unterlagen sind beim Schützenverein erst aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg vorhanden. Einzig eine Abschrift einer Satzung aus dem Jahr 1900. Weitere Urkunden und sonstige Belege aus der Zeit davor sind leider hier nicht mehr auffindbar. Sie sind vermutlich während des Zweiten Weltkrieges in Verlust geraten oder vernichtet worden. Lediglich aus den Beständen der seinerzeit selbständigen Gemeinde Rösebeck waren die vorstehenden interessanten Anekdoten zu rekonstruieren.
Anhand von noch vorhandenen Fotos und entsprechender Überlieferungen ist festzustellen, dass es den Schützenkönig der erstmals mit Königin und Hofstaat auftrat, im Jahre 1924 gab. Zuvor gab es zu den jeweiligen Schützenfesten lediglich einen Schützenkönig. Nachdem der Schützenverein für die Dauer des Krieges und der ersten Nachkriegsjahre von 1939 bis 1948 geruht hatte, wurden die Mitglieder des Vereins zu Fastnacht 1948 zu einer Generalversammlung in den Saal des Gastwirts Derenthal einberufen. Der bisherige Vorsitzende Heinrich Derenthal eröffnete die Versammlung. Bei der anschließenden Neuwahl des Vorstandes wurden folgende Herren gewählt: Josef Brenke als Vorsitzender, Anton Drolshagen als sein Stellvertreter, Viktor Ertmer als Schriftführer und Alfons Walter als Kassierer.
Im Sommer des Jahres 1948 sollte bereits wieder das erste Schützenfest stattfinden. Hieraus wurde jedoch aus finanziellen und anderen Gründen nichts. Während der Generalversammlung im Jahre 1949 beschloss man erneut die Durchführung eines Schützenfestes, das durch Anhebung der Mitgliedsbeiträge sichergestellt werden sollte. Bei dieser Versammlung diskutierten die Mitglieder auch über die Beschaffung einheitlicher Schützenmützen. Diese Frage konnte jedoch noch nicht abschließend geklärt werden. Auch mussten zu dieser Zeit von einigen Mitgliedern unentgeltliche Arbeiten und Leistungen erbracht werden, die in der heutigen Zeit nicht mehr erforderlich bzw. deren Vorhandensein für die meisten selbstverständlich geworden sind, wie z.B. das Abholen und Wiederwegbringen der Musiker sowie deren private Unterbringung während des Schützenfestes oder das Ausleihen, Aufschlagen und anschließende Zurückbringen des Tanzbodens. Das Schützenfest wurde sodann am ersten Sonntag im Juli gefeiert, an dem es auch heute noch stattfindet. Es fand zur damaligen Zeit bis zum Jahre 1979 in Peinen Scheune an der Körbecker Straße (Krummburg) statt.
Da die alte Schützenfahne durch die Kriegswirren abhanden gekommen war, beschloss der Verein, eine neue Fahne anzuschaffen, die von Frau Maria Derenthal genäht und die während des Schützenfestes 1950 geweiht wurde.
In den Jahren 1949 und 1950 musste das Königsschießen mit der Armbrust auf die Scheibe durchgeführt werden, da Feuerwaffen zu dieser Zeit verboten und eingezogen waren.
Im Jahre 1953 konnten endlich ein eigener Tanzboden sowie Tische und Bänke für die Festscheune angeschafft werden. Bei der Generalversammlung 1965 wurde erwogen, den König wie vor dem Krieg wieder durch Schießen auf den Vogel zu ermitteln. Die Mehrheit lehnte dies jedoch ab, so dass es bis heute beim Scheibenschießen blieb. Im Jahre 1969 entschloss man sich, nunmehr beim Festzug einen schwarzen Anzug sowie weiße Handschuhe zu tragen. Außerdem wurde in diesem Jahr eine zweite Schützenfahne angeschafft, die der damalige Pastor Alfons Schlüter weihte.
Über den Bau einer Gemeindehalle wurde erstmals im Jahre 1974 nachgedacht. Man schob diesen Plan jedoch zunächst auf. Im Laufe des Jahres wurde in Zusammenarbeit mit dem Spielmannszug für die Festscheune ein Toilettenwagen gebaut, damit es mit dem bisherigen Behelf ein Ende hatte.
Das Schützenfest 1979 konnte endlich in der seit langem geplanten und nunmehr fertiggestellten Bürgerhalle gefeiert werden. Sie war entstanden aus dem Umbau der Schule und einem zusätzlichen großen Anbau.
Um in das Vereinsregister bei dem Amtsgericht Warburg eingetragen werden zu können, gab sich der Verein im Jahre 1981 eine neue Satzung. Er führt seither nach Eintragung in das Vereinsregister den Zusatz "e.V."
Die jährlichen Generalversammlungen, die zuvor abwechselnd in den beiden Rösebecker Gastwirtschaften Fuest und Derenthal abgehalten worden waren, finden ab 1987 in der Bürgerhalle statt. Im gleichen Jahr wurde das seit 1981 bestehende Kinderschützenfest mit Kinderkönigspaar und Hofstaat am Schützenfestmontag mit einbezogen, an dem es fortan gefeiert wird.
Da der alte Schießstand nicht mehr abgenommen wurde, musste im Jahre 1988 ein neuer erworben werden, der mit einem Pokalschießen am Kompanieabend eingeweiht werden konnte.
1990 fand wegen der Feierlichkeiten zum 1150jährigen Bestehen Rösebecks erstmalig seit 1948 kein Schützenfest statt. Es wurde auch eine neue Schützenfahne erworben, die während der Jubiläumsfeiern 1990 geweiht wurde.
Wie allerorten gab es insbesondere zum Ende der 1990er Jahre zum Teil große Schwierigkeiten einen Schützenkönig zu finden. Als Konsequenz hieraus beschloss der Schützenverein Rösebeck gewissermaßen als Vorreiter in der hiesigen Region mit Beginn des neuen Jahrtausends das Schützenfest zukünftig in einer 2-jährigen Abfolge zu feiern. Das Königschießen findet seither in dem Jahr, in dem kein Schützenfest gefeiert wird, für das folgende Jahr statt.
Nachdem in der Vergangenheit für das Königschießen verschiedene Generationen von Luftgewehren verwendet wurden, wird seit den 2020er Jahren der König mit einem präzisen Lasergewehr und moderner Computertechnik ermittelt.